Zürcher Finanzbrief Ausgabe 17/24
Der Zürcher Finanzbrief vom 14. August 2024
Die Börse hat ein bereinigendes Gewitter hinter sich gebracht. Es war stürmisch, ungemütlich und hat einige bedauerliche Kollateralschäden mit sich gebracht. Aber die wichtigen Fanglinien in Frankfurt und New York haben gehalten. Und das ist der entscheidende Punkt. Doch warum haben sie gehalten? Weil:
Das Epizentrum lag in Japan und nicht im Westen. Die Märkte in Europa und den USA waren anfällig und empfänglich für die Schockwellen, die aus Fernost kamen, da die Aktienmärkte im Westen überkauft waren, alle bereits engagiert waren und mit der Zinswende eine grosse Gruppenrotation ansteht, die von immer mehr Marktteilnehmern an der Seitenlinie abgewartet wird. Entsprechend fehlten zusätzliche starke Hände, um die westlichen Märkte im Sell-off früher zu fangen.
Formell betrachtet resultierte der Sell-off aus der Abwicklung der Yen Carry-Trades. Also der (teils erzwungenen) Tilgung von billigen Yen-Krediten, die genutzt wurden, um in Europa und den USA Aktien mit hohen Gewinnchancen zu kaufen. Angestossen wurde die überstürzte, schnelle Rückführung der Yen-Kredite durch die überraschende Zinserhöhung der Bank of Japan am 31. Juli auf 0,25 % p. a. Mit folgenden Konsequenzen: 1) der Yen wurde durch die Tilgungen gestärkt, 2) westliche Aktien (und sonstige Risk-on Assets) verkauft und 3) japanische Aktien verkauft und deren Erlöse in JGBs investiert und in Euro und Dollar repatriiert. Der Crash war also eine indirekte Folge der Yen-Zinserhöhung. Es gilt nun:
Je weniger Liquidität im Markt ist, desto stärker geraten die Bewertungen der Risk-On Assets unter Druck. Oder anders herum betrachtet: Staatsanleihen höchster Qualität sind durch die Entwicklung die neuen Favoriten geworden, worauf ich gleich noch auf Seite 3 eingehen werde. Wichtig für Sie ist zu wissen, dass die Risk-On Assets, wozu unter anderem auch die AI-Aktien und die Big Techs zählen, erst wieder dauerhaft (!) höhere Bewertungen bekommen werden, wenn der Markt eine neue Quelle für billige Liquidität findet.
Kann die Federal Reserve eine neue Quelle für billige Liquidität werden? Ja, aber noch nicht jetzt. Der Druck auf die US-Notenbank, eine erste Zinssenkung durchzuführen, ist durch die Ereignisse im August erheblich verstärkt worden. Denn das dritte (und unausgesprochene) Mandat ist es, dass die Fed alles unternimmt, um den Kapitalmarkt zu stabilisieren. Denn nur mit einem stabilen und funktionierenden US-Kapitalmarkt kann die Notenbank die ersten beiden Mandate (Kaufkraftwahrung und einen stabilen Arbeitsmarkt) überhaupt erzielen. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im September ist dadurch sprunghaft gestiegen. Aber:
Die Zinswende im Dollar muss vor dem Hintergrund des negativen Momentums am Arbeitsmarkt gesehen werden. Das Fremdkapital im Dollar wird dadurch billiger, doch es findet auch immer weniger Opportunitäten in der amerikanischen Realwirtschaft, um gewinnbringend investiert zu werden. Insofern ist die Dollar-Zinswende derzeit kein Ersatz für den Verlust des Yen Carry-Trades.
Save the date: 07. September 2024
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Die Themen der aktuellen Ausgabe:
- Tokio: Niemand beneidet die BoJ um diese Gratwanderung.
- New York: Staatsanleihen sind die neuen Favoriten. Was bringt die Fed-Entscheidung?
- In Frankfurt gilt ab sofort Stock-Picking.
- SMI: Die Käufer kamen schnell wieder zurück.
- Die Börse Wien bietet wenig im neuen Umfeld.
- Japans Finanzsektor: Buy the dip
- Der Sell-off bei Mitsubishi UFJ Financial war hart. Aber war er auch gerechtfertigt?
- Crash bei den Versicherungen bietet eine seltene Gelegenheit.
- Mit drei Aktien decken Sie die ganze japanische Versicherungsbranche ab.
- Rüstungsaktien trotzen dem Sell-off.
- Rheinmetall dreht nach oben ab.
- Die US-Rüstungsindustrie widersteht der hohen Volatilität.
- Immobilien-Aktien zeigen hohe Resilienz, sind aber ein zweischneidiges Schwert.
- Stop-Loss-Limits: Update
- Konservatives Musterdepot: Update
- Spekulatives Musterdepot: Update
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