Zürcher Finanzbrief Ausgabe 13/24
Der Zürcher Finanzbrief vom 19. Juni 2024
Stimmungswende in Frankfurt. Die Bullen haben sich in den vergangenen Monaten bei den Aktien sehr weit aus dem Fenster gelehnt und sind dabei im Wesentlichen dem Trend der Wall Street gefolgt. Doch die meisten deutschen Titel machen den Löwenanteil ihres Geschäfts in Europa, wo die Konjunktur besser läuft als befürchtet, aber keineswegs so stark, wie die Kursanstiege es vorwegnehmen.
Entscheidend für die Kursgewinne in Frankfurt ist, dass die EZB den Markt protegiert. Im Minimum braucht man wenigstens Rückenwind von der Federal Reserve. Doch beide Notenbanken bliesen ins gleiche Horn: Die internen Inflationserwartungen für 2024 wurden erhöht, nicht gesenkt. Die Amerikaner waren in dieser Hinsicht konsequent, senkten die Zinsen nicht und signalisierten zudem dem Kapitalmarkt, dass die Chance auf eine Zinssenkung im laufenden Jahr auf maximal einen Zinsschritt geschrumpft ist. Wohlgemerkt kommen wir von der Erwartungshaltung zum Jahresbeginn, dass wir sechs bis sieben Zinssenkungen im laufenden Jahr bekommen, angefangen im März 2024. Eine kalte Dusche für die Bullen, die problemlos eine Korrektur am Aktienmarkt rechtfertigen würde.
Die EZB dagegen hat es geschafft, ihren Ruf erneut zu beschädigen. Frau Lagarde betont seit Jahren gebetsmühlenartig, dass die Entscheidungen der Notenbank «datenbasiert» sein werden. Vor allem immer dann, wenn der Markt Klarheit will und sie nicht liefern kann. Und dann hebt die EZB im Juni die Zinserwartungen für 2024 an (!) und man senkt dennoch die Zinsen um 25 Basispunkte, ohne dabei rot zu werden. Es mag sein, dass die Presse so etwas durchgehen lässt, aber der Kapitalmarkt nimmt es so, wie es ist: Die EZB hat keine Glaubwürdigkeit und Kompetenz.
Nachdem auch die Federal Reserve den Trend zu einer wieder steigenden Inflationsrate bestätigte, wurde Frankfurt hypernervös. Da man keinen nennenswerten intrinsischen Trend hat, an dem man sich orientieren kann, nimmt der deutsche Aktienmarkt vorweg, wo er den amerikanischen in Zukunft sieht. Es ist quasi ein informelles Front Running, was den Handel sehr volatil machen kann, wenn der zukünftige Kurs der Wall Street falsch eingeschätzt wird. Ich muss aber auch betonen, dass Frankfurt sehr gut darin geworden ist, den zukünftigen Trend an der Wall Street vorwegzunehmen.
Insofern braucht man die Verluste der vergangenen Woche nicht überbewerten, aber ignorieren sollte man sie auch nicht. Es gilt ab hier schlicht und einfach erhöhte Vorsicht. Käufe werden nun nur noch sehr selektiv durchgeführt und der Umfang der Absicherungen per Stop-Loss-Limits ausgeweitet. Die ersten Verkäufe haben sich bereits eingestellt. Das sind in der Regel all die Spekulationen, die ein sehr positives und optimistisches Umfeld benötigen, um zu funktionieren. Sobald die Stimmung dreht, drehen dann auch diese Spekulationen und werden bei Ihnen bitte ausgestoppt. Im Hinblick auf das Timing haben wir nun vier Wochen vor uns, die wenige neue positive Impulse bieten, weswegen es etwas unruhig werden kann.
Die Themen der aktuellen Ausgabe:
- Frankfurt: MDAX taucht ab, DAX zurück zur 18.000 Punkte Marke
- Zürich zeigt relative Stärke, Wien schwächelt
- In New York dominieren die Big Techs, aber der Rest wird getestet
- Institutionelle Investoren forcieren Rallye bei Apple, trotz enttäuschender WWDC
- Oracle ist ein echter AI-Gewinner.
- Affirm zieht den nächsten Key-Account an Land.
- US-Dollar auf dem Sprung.
- Charttechnik im Blick.
- Lufthansa erreicht mein Kursziel.
- Disney beginnt die 200 Tage-Linie zu testen.
- Novartis will oben raus.
- Rückschlag für United Internet.
- Verkäufe: Aixtron, PayPal, Wacker Chemie, Wacker Neuson
- Stop-Loss-Limits: Update
- Konservatives Musterdepot: Update
- Spekulatives Musterdepot: Update
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