Zürcher Finanzbrief Ausgabe 12/23

Der Zürcher Finanzbrief vom 07. Juni 2023

Deutschland geht auf dem Allzeithoch in die Rezession. Eine bemerkenswerte Konstellation, die ich so noch nicht erlebt habe. Die Aussage des Aktienmarktes ist eindeutig: «We don‘t care». Das Gedächtnis der aktuellen Anlegergeneration bezieht sich im Wesentlichen auf die Zeit nach der grossen Finanzkrise, und in der überwiegenden Mehrheit der Fälle lohnte es sich in dieser Periode die Wirtschaftsdaten zu ignorieren und einfach weiter zu kaufen. 

Was der Aktienmarkt jedoch auch ignoriert, ist die harsche Wirkung der Zinsen. Sie kommt zeitverzögert, aber sie kommt. Der Ölmarkt ist in diesem Hinblick ein unbestechlicher Indikator. Das OPEC-Kartell hat sich über viele Dekaden darauf spezialisiert, Angebot und Nachfrage in diesem Markt auszugleichen. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Kartell flexibel und vorausschauend auf die Trends der globalen Realwirtschaft reagiert. 

Die starke Produktionsreduktion Saudi-Arabiens kann insofern nicht ignoriert werden. Der grösste Swing-Producer am Ölmarkt hat direkt vor Redaktionsschluss einen überraschend harschen Produktionsschnitt von 1 Million Barrel Rohöl pro Tag ab Anfang Juli angekündigt. Einen solchen Schritt unternimmt Riad nicht aus Klimaschutzgründen, sondern weil der Haushalt Saudi-Arabiens im Schnitt einen Rohölpreis von rund 80 US-Dollar pro Barrel benötigt, um im Überschuss zu bleiben. Die Brent und WTI Futures fallen jedoch seit inzwischen 12 Monaten und haben aktuell ein Niveau von knapp über 70 US-Dollar pro Barrel erreicht. Hier spielt natürlich herein, dass die Sanktionen der EU gegen Russland im Energiemarkt nicht greifen, spiegelt aber vor allem die geringere globale Nachfrage wider. Auch wenn Europa und insbesondere Deutschland die Liste der Verlierer anführt, so schwächt sich inzwischen in den meisten Volkswirtschaften die Konjunktur ab. 

Die Themen der aktuellen Ausgabe:​

• Gegenwind in Zürich. Der Heer der Kritiker an der CS-Übernahme wird nicht kleiner.
• Übernahme der Credit Suisse für kommende Woche geplant.
• Wann endet der Revenge-Tourismus?
• Drei Jahre hat es gedauert - nun übernimmt die Lufthansa ITA Airways
• Ist die Korrektur bei Airbnb beendet?
• Immobiliengesellschaften verkaufen weiter ab.
• Die SBB ist ein klassisches Opfer der Zinswende.
• Die Aroundtown Kennzahlen sind problemlos. 
• Entspanntere Lage bei CA Immo.
• Verkäufe: Bayer, Coca-Cola, FMC, HeidelbergCement, HelloFresh, Infineon, Lindt & Sprüngli, Porsche SE, Software AG, Traton
• Stop-Loss-Limits: Die Vorsicht überwiegt. 
• Konservatives Musterdepot: Konservative Titel stagnieren weiterhin.
• Spekulatives Musterdepot: Tech-Rallye wird von den Big Techs dominiert.